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Beziehungsanarchie und Wertschätzung

Beziehungsanarchie und Wertschätzung
Ich lebe nicht mit einer Frau zusammen und habe keine "feste" Beziehung, aber habe seit einem Jahr eine Beziehung zu einer Frau, die ich hier im joy kennen gelernt habe.
Vor ein paar Wochen traf ich eine Frau, die ich vor knapp zwanzig Jahren mal kannte. Damals hatten wir nichts miteinander, aber wich mochten uns sehr. In den 19 Jahren, die wir uns aus den Augen verloren hatten, haben wir ganz ähnliche Dinge erlebt (Hochzeit, Kindern, Auseinanderleben, Beziehungsprobleme). Wir haben das gleiche Sternzeichen und sind uns sehr ähnlich. Vom ersten Tag unseres Wiedersehens an haben wir geflirtet, uns super verstanden und hatten beide Schmetterlinge im Bauch.

Ich habe beiden Frauen von der Existenz der jeweils anderen erzählt (Ich glaube fest daran, dass ohne Transparenz und ehrliche, offene Kommunikation Liebesbeziehungen auf Dauer nicht möglich sind)
Heute hatte ich ein sehr langes Gespräch mit der Frau, die ich seit 20 Jahren kenne. Sie kann mit Polyamorie nichts anfangen und hält nichts von anderen Beziehungsformen, als der Monogamie und sie hat mich heute mit etwas konfrontiert, was mich nachdenklich gemacht hat:
Sie würde akzeptieren, dass ich mehrer Frauen lieben kann und auch zu mehreren Frauen eine Beziehung - auch sexuell - habe. Sie hat es auch akzeptiert, dass ich mich nicht bei ihr melde, wenn ich mit einer anderen Frau unterwegs bin, hat mir diese Freiheit gegeben und obwohl sie gewusst hat, dass ich in dieser Zeit mit einer anderen Frau zusammen bn, war sie nicht eifersüchtig.
Aber: sie fühlte sich nicht wertgeschätzt, weil ich das gesamte verlängerte Wochenende über den 1. Mai mit der anderen Frau verbracht habe und nicht mit ihr, obwohl sie Zeit gehabt hätte.
Beide Frauen und ich haben Kinder, wir haben nicht immer füreinander Zeit und freuen uns natürlich, wenn wir uns sehen können.

Lebe ich strikt beziehungsanarch (so, wie ich diese Lebensweise verstehe), dann kann ich zwar theoretisch beide Frauen mit Respekt, Achtsamkeit und Wertschätzung behandeln und lieben und ich kann die Zeit mit der Frau (oder Freunden oder alleine) verbringen, so, wie es mir tagesformabhängig gefällt.
Dann allerdings sorge ich für Enttäuschungen, denn die Erwartung bei beiden Frauen ist, dass ich feie Zeit gerne mit ihnen verbringen würde. (Zeit, die wir alle drei gemeinsam verbringen, wollen beide Frauen nicht)
Fange ich nun an, meine Zeit zu regeln und möglichst exakt gleich zu verteilen, stelle ich automatisch Regeln auf und bin nicht mehr frei in meinen Beziehungen.
Lebe ich in den Tag hinein und verbringe nach Lust und Laune Zeit mit dem Menschen, nach dem mir gerade ist, dann hat dieses Verhalten etwas von Willkür und Egoismus. Ich fühle mich in einer Beziehung aber auch verantwortlich für meine Partnerin. Ich will nicht willkürlich die Zeit mit einer Partnerin "konsumieren". Das wäre egoistisch und hätte für mich nichts mit Liebe zu tun.
Ich stecke also in einem Dilemma. Einerseits will ich offen und fei leben, andererseits habe ich Verantwortungsgefühl für meine Partnerinnen und will es beiden Recht machen.

Kennt jemand dieses Dilemma? Wie geht Ihr damit um?
******ore Frau
4.525 Beiträge
als eine Frau, deren Beziehungszeiten auch mit anderen geteilt werden, kann ich Dir sagen, dass ich Folgendes hilfreich fand:

Klarheit, d.h. ehrlich und früh kommunizieren, was geplant ist

Zuverlässigkeit
, d.h. Absprachen nicht umzuwerfen!

Wertschätzung anders ausdrücken, d.h. von Zeit und Raum abzukoppeln, immer wieder emotionale Schritte auf beide Frauen zu zugehen

Bei Dir bleiben
, d.h. keinem Ziehen, Zerren, Wünschen, Betteln nachgeben. Dahinter steckt Unsicherheit, was die Beziehung angeht und die muss anders gelöst werden!

Viel kommunizieren, d.h. kein Ausweichen, Schweigen, sich Zurückziehen, weder aus Rücksicht, noch aus schlechtem Gewissen. Zwischendurch immer wieder in Kontakt gehen, vergewissern, dass Du sowohl innerlich, als auch äußerlich "sicher an Bord bist".

DU entscheidest, was DU willst und wenn das liebevoll nach den o.g. Regeln passiert, wird sich Vertrauen aufbauen können. Ob es langfristig klappt, weiß man vorher nie, das hat aber oft nichts mit dem polyamoren Anteil der Beziehung zu tun, sondern etwas mit dem generellen Nähe- Distanz- Verhältnis.

Wieviel Planung oder auch Spontaneität dabei nötig und sinnvoll ist, das kann sich langfristig zurechtruckeln.

Viele Erfolg dabei!

Dani
*****s42 Mann
11.839 Beiträge
Gruppen-Mod 
Hallo, Haematit72, erst mal vielen Dank für dieses Thema.

Ich möchte mal ein paar Aspekte aus meiner Sicht dazu einwerfen (nicht immer konkret auf deinen Fall, aber natürlich dennoch auf das Thema "Wertschätzung der Partner in der BA" bezogen.

Zunächst eine kleine Gegenfrage:
Ist es nicht ein Zeichen höchster Wertschätzung, einem Menschen gegenüber offen und ehrlich aufzutreten - selbst auf die Gefahr hin, dass man dadurch von dem anderen (zumindest teilweise) abgelehnt wird?

Ich weiß, dass viele das anders sehen und lieber nach der Methode "Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß - also schweige, falls du mich 'betrügst'!" leben möchten. Aber damit rufen sie doch erst zum Betrug auf, wenn man es genau nimmt *zwinker*

Aber: sie fühlte sich nicht wertgeschätzt, weil ich das gesamte verlängerte Wochenende über den 1. Mai mit der anderen Frau verbracht habe und nicht mit ihr, obwohl sie Zeit gehabt hätte.
Nun, die andere Frau hatte auch Zeit, und hättest du dich anders entschieden, hätte sich die andere "nicht wertgeschätzt" fühlen können. Und wenn du in diesem WE lieber mit einem guten Freund etwas unternommen hättest, dann sogar beide.

Dieses Gefühl, sich nicht wertgeschätzt zu fühlen, hat ja nichts damit zu tun, ob du den anderen Menschen wirklich wertschätzt. So ein Gefühl kann immer entstehen - vor allem dann, wenn höhere Erwartungen bestehen, als der andere erfüllen kann oder möchte.

Hätte sich deine "Jugendliebe" denn auch geringer gewertschätzt gefühlt, wenn du statt mit deiner anderen Freundin mit einem guten Freund das Wochenden verbracht hättest (weil ihr z.B. eine gemeinsame 3-tägige Radwanderung geplant hattet oder was auch immer)? Ich vermute einmal, das hätte sie weniger gestört.

Also schwingt da doch dieses doofe Gefühl der Eifersucht durch - und dagegen hilft nur das, was auch Dani geschreiben hat: Klarheit, Zuverlässigkeit, gezeigte Wertschätzung und Kommunikation.
____________

Ich finde es auch nicht gut, die Kommunikation auf Null zu fahren, wenn man mit der Anderen zusammen ist. Aber gut, wenn es ihr besser damit geht.
Ansonsten: Wenn ich mit einem guten Freund zusammen bin und eine Freundin ruft mich an, gehe ich doch auch ans Telefon (wenn ich nicht gerade völlig konzentriert bei einer anderen Sache bin) und bitte meinen Freund, mal kurz zu warten. Kann ja auch was wichtiges sein. Warum also nicht, wenn ich bei einer Freundin/Geliebten bin.
____________

Dann allerdings sorge ich für Enttäuschungen, denn die Erwartung bei beiden Frauen ist, dass ich feie Zeit gerne mit ihnen verbringen würde. (Zeit, die wir alle drei gemeinsam verbringen, wollen beide Frauen nicht)
Fange ich nun an, meine Zeit zu regeln und möglichst exakt gleich zu verteilen, stelle ich automatisch Regeln auf und bin nicht mehr frei in meinen Beziehungen.
Das ist schon mal schade, dass eine gemeinsame Zeit zu dritt von beiden ausgeschlossen ist. Kannst du aber kaum ändern. Ich persönlich finde das nicht unwichtig, wenn auch meine Freunde und Freundinnen (incl. Geliebte) nicht nur von einander wissen, sondern sich nach Möglichkeit auch persönlich kennen lernen. Ob sie sich dann auch mögen, kann ich nur schwer beeinflussen, aber ich wünsche es mir durchaus. Dadurch entsteht ein ganz anderes Wir-Gefühl.

Zeit möglichst gleich zu verteilen ist in meinen Augen eine sehr schlechte Idee. Das führt leicht dazu, dass dann mit der Uhr überprüft wird, ob auch wirklich gleiche Zeiten miteinander verbracht werden. Bei mir hat es schon dazu geführt, dass eine Liebe zerstört wurde, weil ich mich mal nicht an so eine "Vereinbarung" gehalten habe - konnte ich nicht, weil die andere einfach meine Gegenwart brauchte.

Ich finde daher eine "bedürfnisgerechte" Verteilung der Zeit und Aufmerksamkeit besser. Das erfordert natürlich eine offene Kommunikation darüber - und daraus resultierend ein Verständnis auf allen Seiten für die aktuellen Situationen und Bedürfnisse der anderen.

Ich möchte das mal an einem Beispiel verdeutlichen:
Ein Ehepaar, ihre Mutter (die er vielleicht nicht einmal ausstehen kann *zwinker* ) hat größere Probleme, wohnt aber weit weg (z.B. ein gebrochenes Bein und ist auf Hilfe zu Hause angewiesen). Wenn sie diese Situation jetzt ihrem Mann schildert und ihm klar macht, dass ihre Mutter jetzt einfach mal ihre Hilfe und Zuwendung nötiger hat als er, so sollte er das verstehen (oder aber er ist in meinen Augen ein egozentrisches Arschloch).

Genau so sollte es unter guten Freunden auch sein: Wenn ein Freund meine besondere Aufmerksamkeit benötigt, so erwarte ich von meinen anderen Freunden, dass sie das respektieren.
DAS ist auch eine Frage der Wertschätzung, der Wertschätzung meiner Entscheidung, mich derzeit mehr diesem Freund zuzuwenden (ich habe das bewusst alles in der männlichen Form geschrieben, weil es für diese Situation in meinen Augen unerheblich ist, ob es sich dabei um gleich- oder andersgeschlechtliche Freunde handelt).
Und wenn ich selbst das Bedürfnis habe, momentan lieber einen bestimmten Freund bei mir zu haben (oder bei ihm zu sein), so wäre es auch eine Wertschätzung meiner Gefühle und Bedürfnisse, das zu respektieren.

Mache daraus bitte keine Vorwürfe, dass du dich auch zu wenig gewertschätzt fühlst - das führt eher zu einem Ende der Beziehung als zu einer Lösung. Aber versuche bei deiner Freundin ein Gefühl oder zumindest ein Verständnis für deine Bedürfnisse und Wünsche und Gefühle zu schaffen, dann kann sie auch eher akzeptieren, dass nicht gemeinsame Zeiten kein Zeichen geringer Wertschätzung für sie sind, sondern einer ebensolchen Wertschätzung für andere.
*******ret Mann
319 Beiträge
Zeit lassen
ich stimme themisabeth und sorbas42 zu, möchte aber noch was hinzufügen:
Für die Frau, die Du vor "ein paar Wochen" wieder getroffen hast und die "mit Polyamorie nichts anfangen" kann, ist das alles doch vielleicht zu neu.
Ich lese zwischen den Zeilen, daß sie durch Dich das erste mal mit Polyamorie konfrontiert wurde. War es so?
Wenn ja, stellst Du gerade Ihr Weltbild auf den Kopf! Und sie lässt sich darauf ein, in dem sie akzeptiert, daß Du mehrere Frauen lieben kannst. Du hast bei ihr ein Stein im Brett, vielleicht auch deswegen, vielleicht wegen Deiner Ehrlichkeit.
Aber zig Jahre gelebte Moral zu überwinden braucht mehr als "ein paar Wochen".
Gib ihr das Gefühl, daß auch sie (egal, ob sie es will, oder nicht) die Freiheit hat, auch ihrerseits mehrere Männer zu lieben, ohne Deine Zuneigung zu verlieren und das sie dadurch auch nicht Gefahr läuft eine "Schlampe" zu werden.

Zu "Sie fühlte sich nicht wertgeschätzt, weil ich das gesamte verlängerte Wochenende über den 1. Mai mit der anderen Frau verbracht habe und nicht mit ihr, obwohl sie Zeit gehabt hätte." Ja klar ist sie eifersüchtig, gewährt Dir aber trotzdem die Freiheit, das ist nicht der Subtext? Sie konfrontiert Dich mit Ihren Gefühlen, damit ist sie ehrlich zu Dir, auch wenn es schwer auszuhalten ist: solange Ihr euch gegenseitig keine Vorwürfe macht, ist das die ganz normale Härte!
*******na57 Frau
22.184 Beiträge
JOY-Angels Gruppen-Mod 
Ja klar ist sie eifersüchtig, gewährt Dir aber trotzdem die Freiheit, das ist nicht der Subtext?

.. das ist ein guter Hinweis, finde ich. Ich würde auch im Gespräch mit ihr diese Bereitschaft anerkennen . Also - das Positive verstärken und nicht am Negativen herummeckern, das ist bei schwierigen Gesprächen immer besser.
vielen Dank
für Eure Beiträge und Kommentare! Für mich ist die Beziehungsanarchie auch och "neu", weil ich erst seit einem guten Jahr bewusst so lebe und mir tiefergehende Gedanken dazu mache.
Ich bin mir manchmal unsicher und möchte vor allem niemandem wehtun.

Offenheit, Ehrlichkeit, Verlässlichkeit - und das konsequent ist die einzige Lösung, darin habt Ihr mich mit Euren Beiträgen bestärkt, vielen Dank!

Und Gespräche - vor allem über das Thema Wertschätzung - haben in den letzten Tagen auch mehr Klarheit gebracht und die Situation "entschärft". Ich denke, dass das gesamte Beziehungsgeflecht auf einem guten Weg ist und ich bin gespannt, wohin es und führt. . .

Dickes DANKE für Eure Beiträge. Muss mal sagen: diese Gruppe ist klasse!
******ore Frau
4.525 Beiträge
Wenn wir neue Lebensformen in die Gesellschaft integrieren wollen, weil wir schon die Erkenntnis haben, dass monogame Beziehungen nicht der Weisheit letzter Schluss sind, dann ist es schon gut, sich gegenseitig von den Erfahrungen profitieren zu lassen und nicht jeden in jede Falle laufen zu lassen....

Mein Beitrag resultiert aus den Anfängerfehlern meines Ex- Liebsten, der früher hier viel gelesen und auch geschrieben hat ( bis zur praktischen Umsetzung des freien Lebens) und nun an allem nicht mehr interessiert ist, was zur Folge hatte, dass in viel zu kurzer Zeit viel zu viele Veränderungen auf ihn und damit auf eine rasant zunehmende Anzahl von Liebsten zukam. Alle waren überfordert.....
Das wünsche ich keinem! Deshalb lese und schreibe ich hier weiter. Ich bin nie am Ende mit Wachstum und Lernen in Bezug auf Liebe und Beziehung!
Wirklich stabile Formen anarchistischer Liebesformen sind so viel wert und ich bin sehr dankbar fürs Teilhaben an den Erfahrungen anderer!
*******na57 Frau
22.184 Beiträge
JOY-Angels Gruppen-Mod 
Ja, das finde ich einen wichtigen Hinweis.

Mein Leben und meine Ansichten, so wie sie heute sind, sind auch langsam gewachsen. Es ergab sich so ... eine gewisse Grundhaltung - das sehe ich heute - hatte ich wohl schon immer, aber alles andere kam dann im Laufe der Zeit.

Und in Bezug auf "Wertschätzung" und das Problem, das hier beschrieben wird, müssen auch alle Beteiligten "wachsen".
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